Franz John

http://www.f-john.de/

"Low Energy Bars", 1989-2009

Sand from the ´death strip´ at the Berlin Wall, acrylic glass, fluorescent tubes (NARVA).
size: 158 x 200 x 9 cms

Born 1960, lives and works as a freelance artist in Berlin, Germany
1978 -1984 studied "Visual Communication" in Wuerzburg, Germany.
His images, objects, sculptures and spacial installations usually emerge from a lengthy creative process and are complex representations of collective, often automated, modes of seeing or natural cycles.
Franz John has realised numerous art projects internationally and has been represented in many solo and group exhibitions, namely at the Exploratorium (San Francisco/USA), the Sao Paulo Biennial (Brasil), the Sculpture Biennial Muensterland (D), at Media Lab Madrid and in "Ecomedia" at Edith-Russ-Haus in Oldenburg (D) and Plug.In Basel (CH).
He has been invited as an artist and teacher to universities like Ohio State University (2001/2003), Paderborn University (2003) and at the University of Michigan (2006/2007). He was awarded an 'Artist in Residence' grant from the Headlands Center for the Arts, San Francisco (1996) and a fellowship from the Kuenstlerdorf Schoeppingen (2006-07).

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Franz John: "Low Energy Bars"

Objekte mit Sand aus dem „Todesstreifen“ der ehemaligen „Berliner Mauer“

Ich hab fast immer Schwierigkeiten mit Kunst, die außer Betroffenheit nichts weiter 

darstellt“ (Franz John in einem Interview mit Bernd Busch)[1]

In dieser Installation geht es in einer „oberen Sinnschicht“ um die Verarbeitung von persönlich Erlebtem. Ein komplexer – politischer, historischer, ethischer, menschlich existenzieller, psychologischer, ideologischer, machttechnischer – Zusammenhang wird reduziert auf eines seiner materialen Grundelemente. Bei neuzeitlichen „Grenzanlagen“ ist das neben Beton und Stahl (meist in Form von Stacheldraht und Elektrozäunen) fast immer Sand: sozusagen als ein reiner Grundstoff der Welt. Bei Franz John erwächst nun in einer ästhetischen Sublimierung ein Seltsam-werden-Lassen von etwas Brutal-Banalem: eben des Sandes aus dem „Todesstreifen“. Er diente dazu, jedwede „Grenzverletzung“ zu Lande – „auf der Erde!“ – sichtbar werden zu lassen, wurde deshalb hell und schattenlos zu Tag- wie Nachtzeiten ausgeleuchtet. Der Künstler kehrt genau diese Lichtperspektive um. In „Neonwannen“ beleuchtet er originalen Sand – das authentische Material der Überwachung  aus dem „Niemandsland“ der innerdeutschen Grenze – konkret der „Berliner Mauer“ – statt von oben nun von unten. Dieser beginnt zu schweben als eine Art „Hoch-Energie-Teil“. In Anlehnung an Konzepte der „Land- bzw. Earth-Art“ der 70er Jahre – wie z.B. bei Walter de Maria – wird in Assoziationsketten sinnlich wirkendes elementares Material bedeutungsmäßig aufgeladen. Aufmerksamkeit wird in jener Perspektivumkehr aus einem entgegen gesetztem Blickwinkel fokussiert. Doch es betrifft nicht nur eine so genannte Opfer-Täter-Perspektive – der Überwachten und der Wächter. Der während 28 Jahren zur Berliner Stadtlandschaft – wie zum gesamten, ganz Europa trennenden „Eisernen Vorhang“ - gehörende „Todesstreifen“ als homogener Bereich absoluter Überwachung erfährt darin seine vollständige und ästhetisch erfahrbare Dekonstruktion. Die Substanz eines technischen Instruments zur Machtausübung – der Kontrolle und Ab­schreckung durch Liquidationsandrohung (hauptsächlich in diesem Bereich wurde auch geschossen!) – bekommt ihre „Unschuld“ zurück, ohne jedoch die in ihr liegenden Möglichkeiten zu vergessen oder zu verdrängen.

In „tieferen“ semantisch-poetischen Sinnschichten spielt Franz John zudem mit von Men-schen gesetzten symbolischen Zusammenhängen von Welt. So steht unter anderem das Kürzel S.O.S. sowohl für „Silicon on Sapphire“ (Silicon/Silizium = chemisches Grundelement von Sand), eine spezielle Herstellungstechnik für Halbleiterbauelemente, als auch für „Save Our Souls“ (Rettet Unsere Seelen) als elementaren Notruf  in lebensbedrohlichen Situationen. Hier liegt auch die Koinzidenz zu Thema von STRICTLY BERLIN 2009: STRATEGIES OF SURVIVAL (Strategien des Überlebens). Es entsteht eine Dimension jenseits aller faktischen Banalität, indem Empfindungen von Lebensumständen und Schicksalhaftigkeit einfließen. Die formale Reduktion als ästhetische Sublimierung – an den Minimalismus des geharkten Sandes oder Kieses von Zen-Gärten, den Orten buddhistischer Meditation, erinnernd – erschließt weit über prosaische Ereignishaftigkeit hinausgehende Ebenen existenziellen Erlebens. Die „Energiefelder“ der dunklen, irrenden Seiten menschlichen Daseins werden als erkundbare gezeigt und einer sensitiven Auflösung preisgegeben.

Bernd  Rosner

[1] in: “Erde”, Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, 2002

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